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Interview mit UNI-Präsident Prof. Dr. Sascha Spoun über das Selbstbild der Leuphana und wie die Hochschule in 50 Jahren aussehen könnte

Deutschland ist das Land der Vielfalt – das gilt auch und besonders für seine Hochschulen. Über 400 staatlich anerkannte Hochschulen gibt es zwischen Flensburg und Konstanz, darunter mehr als 100 Universitäten. Eine davon ist die Lüneburger Leuphana, bei Studenten durchaus beliebt, wie neueste Zahlen zeigen, aber auch nicht immer unumstritten. An der Spitze der Uni, die in der öffentlichen Debatte zuletzt vor allem durch Auseinandersetzungen um den sogenannten Libeskind-Bau, das neue Zentralgebäude, von sich reden machte, steht seit Mai 2006 Sascha Spoun. Ein Interview über den Status und die Zukunft der Lüneburger Hochschule.

Worin ist die Leuphana Spitze?

Sascha Spoun: „Ich würde sagen, dass die Leuphana seit Jahren zu den innovativsten Hochschulen Deutschlands gehört. Mit ihrem mehrfach ausgezeichneten, deutschlandweit einmaligen Studien- und Universitätsmodell hat sie bereits 2007 Maßstäbe gesetzt. Die Einführung eines gemeinsamen ersten Hochschulsemesters für alle Studienanfänger und das Komplementärstudium, mit dem alle Studierenden zu einem ‚Blick über den Tellerrand‘ gebracht werden, sind echte Innovationen gewesen. Mit dem EU-geförderten Innovations-Inkubator konnten wir ab 2009 unter anderem das Thema Digitale Medien an der Leuphana etablieren und zu einem heute weithin sichtbaren Profil-Element unserer Universität entwickeln. Als erste deutsche Hochschule haben wir schon 2010 eine Fakultät für Nachhaltigkeit eingerichtet, ein Thema, das heute alle bewegt. Außerdem zählen wir seit Jahren zu den gründerfreundlichsten Universitäten in Deutschland.“ 

Entspricht die Wertschätzung in der Bevölkerung dem Anspruch der Universität?

Sascha Spoun: „Das Ausmaß der tatsächlich vorhandenen Wertschätzung in der Bevölkerung ist immer schwer zu beurteilen. Aus einzelnen Gesprächen und Begegnungen weiß ich aber, dass viele Lüneburger die Bedeutung der Universität für Stadt und Region hoch einschätzen. Dabei geht es nicht nur um den Wirtschaftsfaktor Universität als einer der größten Arbeitgeber in der Region. Anerkannt wird auch, dass die Universität mit vielen Initiativen für kulturelle Vielfalt, wirtschaftliche Impulse und nachhaltige Stadtentwicklung sorgt. Das neue Zentralgebäude als Ort der Begegnung zwischen Stadtgesellschaft und Universitätsgemeinschaft wird in den kommenden Jahren sicher zu einer weiteren Verbesserung in der Wahrnehmung führen.“ 

Bei aktuellen Hochschulrankings spielt die Uni Lüneburg keine Rolle. Was läuft da schief?

Sascha Spoun: „An den klassischen Hochschulrankings beteiligen wir uns gar nicht, da sie nicht in der Lage sind, unser Studienmodell richtig abzubilden und mit den Angeboten anderer Hochschulen zu vergleichen. Das ist für uns aber kein Problem, denn mit Blick auf die Nachfrage nach den von uns angebotenen Studienplätzen kann man sagen, dass solche Rankings für uns praktisch keine Rolle spielen. Wir registrieren Jahr um Jahr eine Nachfrage, die unser Angebot bei Weitem übersteigt. Zuletzt hatten wir rund sechs Bewerbungen um jeden der 1.500 Studienplätze, die wir pro Jahr im College vergeben.“ 

 

Was sind Schwerpunkte in der Zukunft, wo ist die Leuphana Vorreiter?

Sascha Spoun: „Anders als viele andere Universitäten arbeitet die Leuphana themengeleitet. Das heißt, wir beschäftigen uns in Forschung und Lehre mit Themen, die unmittelbaren Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung haben: Bildung, Wirtschaft, Kultur und Nachhaltigkeit. Auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit etwa hat das dazu geführt, dass wir unbestritten im deutschen und europäischen Kontext als ein wichtiger Akteur wahrgenommen werden. Aber auch auf anderen Feldern gelingt es uns immer wieder, mit unseren Beiträgen zu punkten. Das Thema Gründerfreundlichkeit hatte ich schon erwähnt. Auch bei den Themen Digitalisierung, digitale Medien und digitale Kulturen gehört die Leuphana zweifellos zu den Vorreitern.“

Etwas spekulieren ist erlaubt: Wo sehen Sie die Uni in zehn und in 50 Jahren?

Sascha Spoun: „Gerade weil die Entwicklung – nicht zuletzt mit Blick etwa auf die Digitalisierung – so rasant verläuft, ist es außerordentlich schwierig, sinnvolle Voraussagen für so lange Zeiträume zu machen. Vielleicht kann man sagen, dass Kontinuität im Wandel hier eine wichtige Formel ist. Die Bereitschaft, Innovationen zu entwickeln und auszuprobieren, muss man sich erhalten. Nur so kann es gelingen, immer neuen Anforderungen gerecht zu werden, aber auch selbst neue Ideen zu entwickeln und damit voranzugehen. Dafür sind wir gut aufgestellt. Eines aber scheint mir sicher: Die Leuphana wird in den kommenden Jahrzehnten noch wesentlich internationaler werden, bei der Studierendenschaft ebenso wie bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Und die Zahl der englischsprachigen Studiengänge und -angebote wird weiter zunehmen.“ Interview: Ronald Tietjen

„Eine der innovativsten Hochschulen Deutschlands!“
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